Die dunkle Jahreszeit ist angebrochen und damit auch die Zeit von schlechtem Foto-Licht. Zumindest für alle Food Fotografen da draußen, die am liebsten mit Tageslicht fotografieren. Die Zeit, um Essen bei Tageslicht zu fotografieren hat sich im Vergleich zum Sommer drastisch reduziert. Es dauert morgens ewig, bis es überhaupt richtig hell wird und wenn es dann mal hell ist, wird es gefühlt schon wieder dunkel. Wenn es richtig schlecht läuft, wird es den ganzen Tag nicht hell, weil irgendein Gewitter wütet und dunkelgraue Wolken den Himmel verdecken. Jeder, der schon mal versucht hat, bei solch schlechtem Licht zu fotografieren, wird wissen, wie frustrierend das sein kann. Die Hälfte der Bilder verwackelt, die andere Hälfe ist viel zu dunkel. Wenn doch ein Bild dabei was geworden ist, rauscht es meist ziemlich. Wie du trotz schlechtem Licht tolle Fotos hinbekommst, das erkläre ich dir in diesem Beitrag.
13 Tipps für bessere Food Fotos bei schlechtem Licht
Gute Vorbereitung
Ich bin ein Fan guter Vorbereitung. Jetzt, wenn die Zeit mit Tageslicht so knapp ist, ist gute Vorbereitung noch wichtiger als sonst. Denn wenn das Licht dann da ist, willst du die Zeit fürs Fotografieren nutzen und nicht fürs Kochen, Set aufbauen, Geschirr waschen, Kamera einstellen, Zutaten einkaufen, etc. Wenn du weißt, dass du morgen dein Essen fotografieren möchtest, lade am Abend vorher alle Akkus. Kaufe einen Tag davor alles ein, bau dein Set auf und sei so gut vorbereitet, dass du direkt loslegen kannst, sobald das Licht da ist.
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2. Suche das Licht
Wenn du in einer Wohnung fotografierst, gibt es in der Regel hellere und dunklere Räume. Je nach Tageszeit steht die Sonne an einem anderen Punkt am Himmel. Das wirkt sich auch auf das Licht in deiner Wohnung aus. Da die Sonne im Osten aufgeht, wirst du vormittags in den Räumen am meisten Licht haben, die nach Osten ausgerichtet sind. Mittags in Richtung Süden und gegen Nachmittag findest du im Westen das beste Licht. Food Fotografie hat meistens den Vorteil, dass man nur ein relativ kleines Setup hat. Das kannst du nutzen und mit deinem Essen inkl. Untergrund und Deko in den Raum gehen, wo gerade am meisten Licht ist. Wenn du einen Balkon oder Garten hast, noch besser.
3. Weißabgleich
Gerade bei schlechten Lichtverhältnissen verfälschen die Farben in der Kamera sehr schnell. Oft wirken Bilder bei grauem Himmel blaustichig und kühl. Um das zu vermeiden, solltest du dich mit dem manuellen Weißabgleich vertraut machen. Den manuellen Weißabgleich kannst du bei dem meisten Kameras einstellen. Hast du das gemacht, dann suchst du eine neutrale (am besten hellgraue) Stelle in dem Bildausschnitt, den du fotografieren möchtest. Diesen nimmst du mit der Pipette auf und die Kamera berechnet, wie die Farben dargestellt werden müssen, damit dieser neutrale Bereich nicht beispielsweise blau- oder grünstichig wird. Dein Bildausschnitt hat keinen neutralen Pinkt? Kein Problem. Du kannst für den manuellen Weißabgleich auch eine graue Pappe o.ä. ins Bild halten und danach wieder entfernen.
4. RAW Format
Ich fotografiere grundsätzlich immer im RAW-Format. RAW hat im Gegensatz zum JPG nämlich den Riesenvorteil, dass es viel mehr Bilddaten enthält. Dadurch sind die Dateien zwar auch größer und nehmen mehr Platz weg, aber das lohnt sich. Beispielweise enthält ein RAW Bild mehr hell und dunkel Abstufungen. Das ist sehr hilfreich, wenn dein Bild etwas zu dunkel (bzw. unterbelichtet) geraten ist. Da mehr Bildinformationen enthalten sind, kannst du diese in der Nachbearbeitung noch rausarbeiten. Beim JPG dagegen sind in diesen kritischen Bereichen oft keine Daten mehr vorhanden. Während du beim RAW Bild mittels Belichtung noch was rausholen kannst, bleibt beim JPG nur ein schwarzer Fleck.
5. Die perfekte Mischung aus Belichtungszeit, Blende und ISO
Es gibt nicht die eine Kameraeinstellung, die immer funktioniert. Es ist immer ein Zusammenspiel aus Belichtungszeit, Blende und ISO. Dabei kommt es immer darauf an, was du mit deinem Bild bewirken möchtest. Brauchst du ein Foto, dass von vorne bis hinten scharf ist? Dann musst du mit Belichtungszeit und ISO jonglieren. Oder kommt es dir mehr auf die Atmosphäre an? Dann kannst du die Blende weiter öffnen und dafür den ISO Wert vielleicht etwas runter schrauben. Ich selbst bin generell kein großer Fan von hohen ISO Werten, aber im Notfall habe ich immer noch lieber ein etwas verrauschtes als ein verwackeltes Bild.
6. Kurze Brennweite & nah ran gehen
Umso länger die Brennweite umso kürzer muss die Belichtungszeit sein, damit dein Bild aus der Hand geschossen nicht verwackelt. Bei schlechten Lichtverhältnissen möchten wir aber meist eine möglichst lange Belichtungszeit. Also ist es empfehlenswert auf eine kurze Brennweite (z.B. 50mm) zurückzugreifen und näher ranzugehen. Bei einem 50mm bekommt du einer Belichtungszeit von 1/60s durchaus noch scharfe Fotos hin. Bei einem 100mm dagegen bräuchtest du mind. 1/100s.
7. Lichtstarkes Objektiv
Achte beim Objektiv nicht nur auf eine kurze Brennweite, sondern auch auf dessen Lichtstärke. Je kleiner die Zahl, desto besser. Denn je kleiner die Zahl umso größer ist die Blendenöffnung und umso mehr Licht gelangt in deine Kamera. In der Regel sind Festbrennweiten lichtstärker als Zoomobjektive. Ich empfehle immer gerne das Canon 50mm mit F 1,8 *. Das ist ein super Objektiv für Food Fotografie und kostet unter 150 €.
Canon Objektiv EF 50mm Brennweite F1.8 *
8. Richtige Körperhaltung
Neben den Kameraeinstellungen kannst du auch selbst noch einiges bewirken. Dazu musst du verstehen, dass schon kleinste Bewegungen dazu führen können, dass ein Bild verwackelt. Gerade bei schlechten Lichtverhältnissen wird es da schwierig auch im Dunklen scharfe Bilder zu machen. Wenn du aus der Hand fotografierst, ist es dafür wichtig zu wissen, wie du deine Kamera a stabil hältst. Das geht ganz einfach:
- Den Sucher fest an die Augenbrauen
- Arme dicht an den Körper
- Eine Hand am bzw. unter dem Objektiv
- Ellenbogen am Brustkorb anlegen
- Füße hüftbreit fest auf dem Boden
- Knie leicht angewinkelt
9. Bildstabilisator anschalten
Zusätzlich zu deiner Körperhaltung kannst du beim Fotografieren auf einen eingeschalteten Bildstabilisator achten. Je nach Hersteller findest du diesen in deinen Kameraeinstellungen oder mittels Schalter an deinem Objektiv. Dir sollte jedoch bewusst sein, dass der Bildstabilisator nur als Unterstützung dient die Eigenbewegung des Fotografen auszugleichen. Bei zu viel Bewegung nützt dir auch ein Bildstabilisator nicht.
10. Ein Stativ verwenden
Mein Lieblingspunkt. Ich klinge schon wie eine gesprungene Schallplatte, aber ich kann es nicht oft genug sagen. Ein Stativ gehört für mich, neben der Kamera, zur Grundausrüstung jedes Food Fotografen. Ich will jetzt nicht alle Punkte aufzählen, warum ein Stativ für Food Fotografie wichtig ist, das habe ich in diesem Beitrag schon getan. Aber gerade bei schlechten Lichtverhältnissen, wenn man auf künstliche Lichtquellen verzichten möchte, ist ein Stativ das Beste, was du machen kannst. Essen bewegt sich in der Regel nicht. Du kannst also mittels Stativs den ISO Wert runterschrauben und dafür die Belichtungszeit erhöhen ohne Gefahr zu laufen, dass dein Bild verwackelt. Das macht ganz besonders dann Sinn, wenn dein Bild von vorne bis hinten scharf sein soll.
Stativempfehlung für Food Fotografie
11. Fernauslöser / zeitversetzter Selbstauslöser
Wie wir festgestellt haben, braucht man bei schlechten Lichtverhältnissen oft eine lange Belichtungszeit. Dabei können schon kleine Erschütterungen zu Verwacklungen führen. Selbst wenn deine Kamera auf einem Stativ steht, kann das Auslösen der Kamera schon dazu führen, dass dein Bild unscharf wird. Um das zu vermeiden, lohnt sich der Einsatz eines Fernauslösers *, damit musst du deine Kamera nicht berühren. Wenn du keinen Fernauslöser hast, kannst du auch mittels Selbstauslöser zeitverzögert fotografieren. Dann wackelt die Kamera eventuell beim Betätigen des Auslösers, aber nicht, wenn das Bild ein paar Sekunden später aufgenommen wird.
12. Helle Untergründe
Neben deiner Körperhaltung und deinem Kameraequipment kannst du auch dein Setting für schlechte Lichtverhältnisse optimieren. Verwende z.B. helle Unter- bzw. Hintergründe. Diese reflektieren das wenig vorhandene Licht und hellen damit dein Bild automatisch auf.
13. Reflektoren
Ähnlich wie helle Untergründe helfen dir Reflektoren dabei das wenige Licht zu verstärken. Sie helfen dabei zu dunkle Bildbereiche aufhellen. Dazu nimmst du einen Reflektor und positionierst ihn gegenüber deiner Lichtquelle. Dann drehst du den Reflektor so, dass er die Ecke aufhellt, die zu dunkel wirkt. Es gibt günstige 5-in-1 Reflektoren * zu kaufen, aber eine einfache Styroporplatte tut es auch.
Fazit zu Fotografieren bei schlechtem Licht
Wie du siehst, es gibt eine ganze Menge Tricks, mit denen man sich behelfen kann. Fotografieren bei dunklen Lichtverhältnissen ist nicht ganz so einfach, aber mit diesen 12 Tipps sollte es dir gelingen auch in der dunklen Jahreszeit scharfe Bilder von deinem Essen zu machen. Und ein kleiner Trost: Wenn der November vorbei ist, ist das schlimmste überstanden. Ab Dezember werden die Tage schon wieder länger.
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